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Inhalte, Layout und Bilder auf dieser und allen andere Seiten der Website Eigentum von U. Hofmockel, 2012
Für die Schnitterstellung der Mode um 1910 war das Buch "The
Edwardian Modist" von Frances Grimble die Grundlage. Das Buch arbeitet
mit einer historischen Lineal-Technik, die Länge der Lineal errechnet
sich dabei aus der Brustweite und der Rückenlänge.
Der Unwillen des inneren Schweinehundes, das neue System zu kapieren und umzusetzen, war eine zähe Hürde, zumal ich Zweifel hatte, daß das Ganze wirklich funktioniert. Höchst überraschend - und vorausgesetzt, man ist fähig, die Lineale richtig auszuschneiden und zusammenzukleben... - ist hingegen, daß das System nicht nur einfach umzusetzen ist, sondern tatsächlich auch paßt. Mit Hilfe des Längen- und Breitenlineals werden im Schnittdiagramm angegebene Fixpunkte markiert, die Punkte werden verbunden - fertig ist der Rockschnitt.
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Für die Falten an den Seiten des Rockes habe ich die
Markierungslinien auf den Oberstoff übertragen, hinten im Bild sind die
Falten schon entsprechend der Vorlage zusammengelegt.
Allzu akkurat müssen die Linien dabei nicht sein, man sieht ja beim Falten, wie die Falten letztlich korrekt liegen. Die Markierungen im Buch waren zumindest alle von den Abständen her richtig und alle Längen gleich lang. Ein Umstand, den man nicht von jedem Kaufschnitt behaupten kann... Der Rockstoff ist ziemlich leicht, darum schien mir ein Rockfutter aus Batist sinnvoll. Die Stoffe sind doppelt verarbeitet und die Nähte umstochen. Um 1909 hätte man das vermutlich nicht mehr gemacht, sondern die Zugaben eingefaßt, aber Handarbeit hat ja manchmal was gemütliches.
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Der Schnitt für das Oberteil bot noch einmal Spannung obschon der
Paßform, aber auch hier erweist sich, daß die Schnittanweisungen gute
Schnitte ergeben, die nur wenige Paßformkorrekturen brauchen.
Vorausgesetzt, man ist fähig, die Lineale richtig zusammenzukleben...
Die weißen Linien zeigen die notwendigen Korrekturen, nicht viel also. Ein Anzug um 1909 sollte zeitgemäß wie Herrenkleidung verarbeitet werden, also mit einem "schönen" Innenfutter sowie einer entsprechenden Verstärkung der Brustpartie für einen schönen Sitz. "Ja, muß dann das wieder sein...." mault der innere Schweinehund und nach einem längeren Zwiegespräch finden wir einen Kompromiß...
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Die korrekte Ausführung der Einlage bei Herrenkleidung erscheint
vielen dramatischer, als sie eigentlich ist.
Hier zeige ich eine Einlage für Faule, eine Mischung aus einem Herrenschneiderbuch von 1910, der Anleitung aus "The Edwardian Modist" und einem modernen Herrenschneiderbuch. Basis der Einlage ist eigentlich Leinen, ich habe hier festen Baumwollsatin verwendet, für meine bescheidenen Zwecke genügt er auch. Die Einlage wird mit ein wenig Zugabe entsprechend dem Oberstoff zugeschnitten, evtl. Nähte geschlossen. Darauf kommt der Plack aus Haareinlage, versehen mit einem Abnäher, der die Wölbung der Einlage in die gewünschte Richtung erzeugt. Abnäher durch Übereinanderlegen schließen, Reverslinie ("Umfall" hieß das früher, heute vielleicht bei den Herrenschneidern auch noch) markieren. Der Bereich des Revers wird ohne die Zugaben mit der gewünschten Kragenwölbung an die Haareinlage pikiert. Meine Auflage auf der Haareinlage ist Batist. Dieser wird - und hier kommt die Faulheit - auf Brusthöhe entsprechend der leichten Wölbung durch die Haareinlage durch alle Lagen hindurch kreisförmig festgesteppt, am Ende des Kreises in Schlangenlinien. Nicht auf das Revers steppen!
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Die fertige Einlage wird nun dem Vorderteil untergelegt
und in mehreren Reihen festgeheftet. Befestigt wird das Vorderteil bei
meinem Anzug an der Mittelnaht, sonst an Tascheneingriffen.
Die Haareinlage und das Leinen werden so weit zurückgeschnitten, daß sie nicht in die Nähte gefaßt werden, die werden sonst zu dick. Der Batist hingegen wird in den Nähten mitgefaßt und die Einlage so befestigt. Der Unterkragen wird ebenfalls entsprechend der Wölbung pikiert, man erkennt deutlich, daß der Kragen quasi von alleine in die richtige Richtung will.
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Das Zusammenfügen von Reversbesätzen, Futter und das Aufsetzen des
Kragens kann man in einem Zug machen, d. h. das Futter vorher komplett
zusammen zu nähen und als ein Stück einzunähen. Mein Buch von 1910
stellt als als die Methode vor, die nur sehr Geübte vermögen.
Für alle anderen empfiehlt sich der gemütliche Weg zum Ziel, nämlich das einzelne Aufsetzen aller Futterteile. Zu allererst wird die vordere Blende gegen das Vorderteil mit Revers gesetzt (oder verstürzt, wie man mag), dabei auf Gleichmäßigkeit beim Ansatzpunkt des Kragens achten. Danach folgen die Futterblenden vorne und von außen nach innen jeweils beiseitig ein Futterteil nach dem anderen. "Paßt nicht" gibt es in diesem Falle nicht, daß jedes Teil paßgenau entsprechend des Oberteils anstaffiert wird. Am Schluß wird noch der Oberkragen aufgesetzt. Dazu werden die Zugaben eingeschlagen und der Kragen rundum an den Unterkragen und die Reversblende anstaffiert. Fertig ist der Damenanzug nach Herrenschneiderart. Der Aufwand erscheint zur Vlieseline sehr groß, macht sich aber am Sitz des Kleidungsstückes bezahlt.
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