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Die elliptische Krinoline

 

 

Ich mag keine Krinolinen. Für mich sind die Dinger olle Kaffeewärmer, die ohne nähtechnische Ansprüche auskommen, dafür aber einen Haufen stupiden Fleißes erfordern. Wenig verlockend also....

Dennoch sollte der Vollständigkeit halber eine her, wegen der sportiven Hutformen ein Modell der späten Krinolinenzeit, genauer aus dem Jahr 1866, nachdem die elliptische Krinoline modern wurde.

Im Gegensatz zu der klassischen, runden und kuppelförmigen Krinoline begann mit der elliptischen schon der Weg zur Tournüre, die Seiten wurden deutlich flacher, die Front zum Körper herangezogen und die ganze Weite des Rockes lag in der flach abfallenden, meist schleppenden Hinterpartie.

Die Modewelt der Zeit damals beklagte sich nicht wenig über die neuen "Keilroben", deren Material sich aufgrund des keilförmigen Zuschnitts des Rockes nur noch schlecht weiterverarbeiten ließ. Der bisherige Anspruch an ein Kleid, 10 Jahre zu halten, mußte aufgegeben werden.

Entsprechend trug nicht jede Dame eine Keilrobe, auch in den Modezeitschriften wird noch unterschieden zwischen der "aktuellen Keilrobe" und "der alten Rockform", also mit tiefen Falten am Bund. Für einen ausgeprägten elliptischen Unterbau benötigt man allerdings fast keilförmige Bahnen, weil die Rockweite sonst nach vorne fällt, anstatt elegant nach hinten zu wallen.

       
Ein Krinolinenunterbau mußte also her. Die elliptische Krinoline TV 103 von Truly Victorian bot sich an.  Weil ich Unterbauten ganz furchtbar gerne nähe habe ich meinen ertauscht und nähen lassen, ganz genau nach Anleitung.

Mein Konzept "Krinoline kommt, Stoff drüberwerfen, alles tackern, schnell fertig" wurde schon mit der Krinoline im Keim erstickt, denn sie tat nicht, wie sie soll: sie war nicht elliptisch. Was nicht an der Produzentin lag, sondern an der Konstruktion.

 
Im Bazar von 1865 wird "das Neueste vom Neuen" vorgestellt, die elliptische Form des Jüpon (nicht etwa "Krinoline". Der Jüpon ist Stoffvariante der Krinoline, für eine Käfigkrinoline habe ich in  Modemagazinen noch kein Beispiel und somit keine damalige Bezeichnung gefunden),

1865 ist sie noch der letzte Schrei bei Abendkleidung, bereits 1866 hat sie auch die Tagesgarderobe erobert.

Der eigentlich Trick bei der elliptischen Form: Sie ist vorne rund und hinten oval-spitz zulaufend. Innerhalb des "Eies" steht die Trägerin ziemlich weit im vorderen Drittel, das Volumen, das sich nach vorne wölbt, ist also nicht sehr groß.

Laut Anleitung im Bazar wird die Eiform durch Bänder erreicht, die seitlich angenäht sind und mit denen man den Unterbau in die gewünschte Form ziehen kann.

 
So weit, so gut. Testschnüre sind schnell angebracht, verschnürt und schon ergibt sich hinten die gewünschte spitzere Form.

Für die modische Linie ist wichtig, daß der Rock nach vorne hin nicht ewig weit vorsteht. Und wenn er es tut, dann sollte er ab der Taille eine kontinuierliche Linie bilden.

Zu meinem Verdruß "beult" TV 103 primär im unteren Bereich. "Brautreifrock" denkt man unwillkürlich. Geht ja gar nicht... Erschwerend, im wahrsten Sinne des Wortes, kommt noch das Stoffgewicht hinzu, was hinten deutlich größer ist als vorne. Liegen also Unterrock und Rock hinten auf, schieben sie den vorderen Bereich noch mehr vor.

 

Links im Bild die Krinoline mit zusammengebundener Hinterpartie, vorne ist sie noch wie "frisch von der Anleitung". Im Vergleich zum Modekupfer ist mir die Vorwölbung zu viel (zumal ja noch das Rockgewicht fehlt).

Der Rock würde ab der Blende zudem senkrecht abfallen, in der Front wäre also ein optischer "Knick". Selbst bei einem Kaffeewärmer kann man das so nicht stehen lassen....

 

Links das "Original", das Gewicht des hinteren Reifrockteils schiebt nach vorne und läßt die Eiform dort entstehen, wo man sie gar nicht haben will.

Mein erster Korrekturversuch war das Versetzen der Bänder, allerdings nur mit mäßigem Erfolg.

Mehr Spannung und Gewicht mußte her, und in Gedanken an die Blattfedern alter Autos sind in zwei Tunnel (einmal oberhalb der Blende und einmal in der Blende) in Abstufungen nochmal Federstahlstäbe eingeschoben, die das vordere Drittel abdecken. Und - tadaaaa - der Rock ist rund, wie er soll.

Im Vergleich sieht man deutlich, daß der Unterbau sich aufgrund des höheren Gewichts vorn mehr nach unten neigt (und so das größere Gewicht der hinteren Stoffbahnen besser ausgleichen kann) und auch näher an die Figurine heranrückt.

Ganz perfekt ist die Silhouette noch nicht, kommt dem Modekupfer aber zumindest näher als vorher. Für einen Kaffeewärmer gar nicht schlecht...

 

 

Krinoline
1850 - 1870

 

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