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Inhalte, Layout und Bilder auf dieser und allen andere Seiten der Website Eigentum von U. Hofmockel, 2006
Die kunstvollen
Frisuren erzwingen eine Abkehr von der während der
1860er Jahre noch modernen Schute. Kleine Hutformen thronen auf der
Frisur oder rutschen entweder tief in die Stirn oder in den Nacken. Die
Hüte sind oft reich mit Bändern, Rosetten und Blumen geputzt. Zum Teil
so reich, daß sie auf den hohen Frisuren wie der Turmbau zu Babel
wirken. Die meisten Hüte waren jedoch schlichter, es gibt zwar auch Fotos, die nebenstehendem Modekupfer nahe kommen, die Mehrheit hat aber wohl doch Kopfbedeckungen vorgezogen, die keine Nackenstarre erfordern und Migräne nach sich ziehen. Gemein ist allen Hüten der frühen Tournürenzeit, daß sie lediglich den Oberkopf bedecken und die Ohren frei lassen. Es gibt verschiedene Grundformen, die in leicht abgewandelter Form für alle nur erdenklichen Hüte zu verwenden sind. |
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Kappenformen ohne Krempe, Kinnbänder, Schleier oder lose Bandgarnitur | Niedrige Kronen, kleine Krempen, mit oder ohne Bandgarnitur |
Mittelhohe Kronen, kurze geschwungene Krempen, mit oder ohne Bandgarnitur |
Sehr flache Kronen mit kleinen, leicht geschwungenen Krempen, mit oder ohne Bandgarnitur |
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Sehr häufig kommen die kleinen Kappenformen vor, die entweder als
Toque gar keine Krempe aufweisen oder als Kapotthütchen lediglich eine
sehr schmale. Die Dekoration ist auf Modekupfern immer geradezu
überquellend an Spitzen, Rüschen, Blumen, Federgestecken, und Früchten, auch
Vogelschwingen kamen schon vor. Die Hüte bestehen entweder aus einem über die Form gezogenen Strohrohling oder aus einem Grundgestell aus Draht und Steifleinen/Roßhaar. Möglich ist auch lediglich der Krempenteil aus einer Drahtbasis und der Kopf des Hutes aus drapiertem Stoff. |
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Die Drahtgestelle werden für die kalten Monate sehr
häufig mit Samt bezogen, bevorzugte Farben sind schwarz, braun und oliv.
Möglich sind aber auch Seide, Tüll und Spitze. Die Kapotthüte aus Stroh
werden im Sommer in verschiedenen Stroharten und
verschiedenen Farben getragen, meist schwarz, weiß oder cremefarben. In den frühen 1870er Jahren werden die Hüte noch gerne von allen Generationen mit Kinnbändern getragen, die entweder dekorativ herabfallen oder zu einer großen Schleife gebunden werden. |
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Oft werden die Hüte hinten mit flatternden Bändern
geschmückt, die im englischen Sprachraum als "follow me" oder "flirtation
ribbons" bezeichnet werden und durch ihr Flattern im Wind auf neckische
Art Aufmerksamkeit erregen sollen. Zumindest bei deutschen Modekupfern kommen diese Bänder aber nicht häufiger vor als Tüllschleier oder gar kein Bandschmuck. Wenn Bänder abgebildet werden sind sie meist recht üppig, bei Originalhüten kommen sie aber auch als zwei schlichte, dünne Seidensamtbänder vor.
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Der Begriff "Kapotthut" leitet sich aus der Capote des 18.
Jahrhunderts ab, einer Art Kapuzenumhang. In den 1870er Jahren wurden
auch noch Sommer- und Wintercapoten getragen, mehr dazu weiter
unten. Aus der "Kapuze" entwickelte sich in den 1830er Jahren ein
großer, ohrenbedeckender Hut, der mit einer zusätzlichen Krempe versehen
zur Schute wurde.
Der Begriff "Capote" blieb aber weiter bestehen, die Hüte verkleinerten in den 1860er Jahren ihren Schirm immer mehr, die Krone kehrte zurück und aus dem Begriff Capote wurde der Kapotthut. Diese Bezeichnung wird quer durch die Literatur - vor allem die nach den 1870ern - für alles und jedes benutzt, was mehr oder weniger klein und mit wenig Krempe versehen ist. DEN Kapotthut gibt es also nicht. Gemein ist ihnen lediglich die verspielte Dekoration und - sofern vorhanden - die schmale, nah an der Krone liegende Krempe. Auch die Form des Hutes an sich muß nicht erkennbar sein. Neben den Kapotthüten blieben auch recht schmucklose kleine, flache Hüte übrigen, ähnlich den Toques, wie sie zur Krinolinenzeit beliebt waren.
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Eine weitere, sehr häufig vorkommende Hutform hat eine niedrige bis
mittelhohe Krone
und eine kurze Krempe. Diese kann flach oder aufgeschwungen sein, die
Garnitur besteht zumeist aus einem Hutband und kleiner Feder- und
Blumendekoration. Hinten können lose Bänder oder Schleier herabfallen. Für diese Hutform bietet sich die Herstellung aus Filz oder Stroh an, da sie einfach über eine Holzform gezogen werden kann. Befestigt werden die Hüte wie links zu sehen mit einem schmalen, haarfarbenen Band, welches im Nacken geknotet oder mit einem Perle-Schlaufen-Verschluß geschlossen wird. Dazu wird am Ende des einen Bandes eine kleine Perle angenäht, das anderen Band erhält in der richtigen Länge eine Schlaufe, durch welche die Perle gesteckt wird. Auch Hutnadeln sind möglich, zumal die oft mit Kissen unterlegten Frisuren den Nadeln guten Halt bieten.
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Die Dekoration dieser Hutform ist relativ schlicht, im
Gegensatz zu den verspielten Kapotthüten sehen diese Hüte mehr nach
einem "richtigen" Hut aus. Die Ähnlichkeit mit einem Jagdhut oder Zylinder ist unverkennbar und entsprechend wird die Form zum Teil auch als "Schützenform" bezeichnet. |
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Die Krone
kann zylindrisch sein oder oben sehr schmal zulaufen. Die Spitze
verläuft z. T. so schmal, daß der obere Hutteil fast wie ein Schlauch
aussieht, der aus dem Krempe "herauswächst". Die Dekoration solcher Hüte
ist fast immer schlicht, da schon ihre Form dekorativ genug ist. Die Grundform des Hutes bleibt unter der Dekoration immer erkennbar. |
Obwohl auf Modekupfern sehr häufig flache Grundformen mit überladener Dekoration abgebildet sind, finden sie sich auf Fotos im Verhältnis zu den "richtigen" Hüten seltener wieder. |
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Vielleicht liegt das daran, daß ein relativ schlichter Hut zum einen bezahlbarer war, denn auch damals waren Seidenblumen schon teuer, und zum anderen neben der Wetterunabhängigkeit universell einsetzbarer ist. |
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Je nach Anlaß werden Hutformen bevorzugt getragen. Für die Reise
empfiehlt sich z. B. ein eher schlichtes, kompaktes Modell wie links. Sommerliche Strohhüte sind praktischerweise großkrempig, um vor der Sonne zu schützen. Sie erinnern z. T. an die Bergère des 18. Jahrhunderts. Diese großen Sommerhüte sind jedoch immer der Sommerfrische vorbehalten, für die Promenade in der Stadt bevorzugt die Dame die kleine Kapotte mit sommerlicher Dekoration. Ansonsten bestimmen das Kleid, der persönliche Geschmack und der Geldbeutel wie immer die Wahl des Hutes. Auf die Gesichtsform wurde nicht immer Rücksicht genommen, gelobt sei, was modisch ist...
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Der Capuchon des 18. Jahrhunderts überlebte dem Namen
und ein wenig der Form nach bis in die 70er Jahre des 19. Jahrhunderts. Seltener in einer leichten Sommerversion, |
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dafür häufiger in den kalten Monaten aus verschiedenen,
wärmenden Materialien.
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Mehr
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