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Holländische Dienstboten

von Ida F. in M. aus "Dies Blatt gehört der Hausfrau" 1891


 

Wie oft hört man Hausfrauen über Dienstboten klagen. In vieler Beziehung mag diese Klage ganz gerechtfertigt sein; was würden aber die meisten unserer Hausfrauen zu den holländischen Mädchen sagen?

Daß es dort auch gute und schlechte giebt, ist selbstredend, Ausnahmen findet man überall. Gewisse Bedingungen und Ansprüche, die wir höchst lustig finden würden, machen dort Alle, ob es nun gute oder schlechte sind.

Ich habe jahrelang in Holland gelebt, habe in meinem Hausstand bitter unter den Zuständen gelitten, kann also deshalb aus Erfahrung sprechen.

Im Betragen, äußerlich, ist das Mädchen dort viel höflicher, ich möchte sagen ceremonieller, wie ja der Holländer sehr viel auf Äußeres giebt und das „Herr“ und „Frau“ im Übermaß gebraucht. Kein Mädchen wird z. B. ohne anzuklopfen, in das Zimmer der Herrschaft treten, selbst wenn es in einer Viertelstunde drei- oder viermal hereinkommen muß. Dagegen stellt es sich der Herrschaft vollkommen gleich, betont sehr absichtlich, von sich sprechend: „Wir sind feine Holländerinnen.“

Niedlich sehen die Mädchen aus, in den helllila Kattunjacken oder –kleidern, der großen weißen Schürze und dem weißen Häubchen. Da aber die Herrschaft für die Wäsche das Jahr durch eine bestimmte Summe zahlt, das Mädchen dieselbe außer dem Hause waschen und bügeln lassen muß, so spart es natürlich im Hause daran, so viel als es kann, und sieht gegen Ende der Woche oft nichts weniger als frisch und zierlich aus.

Samstagabend, nach dem Essen, wo dasselbe gewöhnt ist, alle Besorgungen für den Sonntag zu machen, putzt es sich auf das Niedlichste heraus, freilich nur mit Häubchen, frischer Jacke und Schürze. Dieses Ausgehen wird als Vergnügen betrachtet, und da alle Dienstmädchen ausgehen, so treffen sich die Bekannten und das Mädchen weiß, daß es gesehen wird. Dafür ist es bereit, am Abend die etwas liegengebliebene Arbeit nachzuholen, und zwar, wenn nötig, bis tief in die Nacht hinein zu wirtschaften.
 

Im allgemeinen ist der Lohn nicht höher als bei uns, vielleicht eher etwas niedriger. Ein Mädchen für einen Haushalt des Mittelstandes, das einfach kochen kann, erhält 180 – 190 M. Lohn (Anm.: im Jahr), dagegen am Neujahr und zur Kermes (Kirchweih) extra nochmals 6-8 M. und an St. Nikolaus, dem Weihnachtsfest der Holländer, größere Geschenke. Bei jeder Gesellschaft, selbst der kleinsten, haben die Gäste, auch wenn es nahe Verwandte sind, die Verpflichtung, dem Mädchen ein Trinkgeld zu zahlen. Dasselbe wird nach bestimmter Norm geregelt, und kann man wohl mehr, aber nicht weniger geben. Auf diese Art erhöht sich in einem Hause mit größerem geselligen Kreise der Lohn des Mädchens noch bedeutend.

Mietet man ein Mädchen, so macht es die Bedingungen: Ende der Woche einen Ausgang am Abend von 7 Uhr an, d. h. sobald die Küche aufgeräumt ist (in Holland isst man um 5 oder 6 Uhr), bis 10 Uhr, einen Sonntag des Morgens von 9-11 Uhr für Kirchgang, den nächsten Sonntag aber Ausgang von 9 Uhr vormittags bis 10 Uhr abends. Zur Zeit der Kermes bekommt es einen ganzen Tag und eine ganze Nacht vollständig frei, in welcher Zeit es nicht nach Hause kommt. Trotzdem vergessen die Mädchen selten Sitte und Anstand.

Alle diese Ansprüche bedingen natürlich, daß sich die Herrschaft entweder zwei Dienstboten hält, was ohnedem bei nur einigermaßen guten Verhältnissen geschieht, oder daß, wie ich es bei vielen Familien traf, die Herrschaft am Ausgehtag des Mädchens auswärts isst oder sich aus einem Gasthaus speisen lässt. Wo dies nicht geht, wird für einen Tag eine Arbeitsfrau genommen. Die Kosten dafür trägt die Herrschaft. Der Frau des Hauses würde es nicht einfallen, selbst mit Hand anzulegen.

 

Auch in Bezug auf die Kost beansprucht das Mädchen gewisse Dinge, von denen es nicht abweicht. So bekommt es jeden Tag ein Weizenbrot von bestimmter Größe; ob es dasselbe verzehren kann oder nicht, ist gleichgültig. Für die Woche erhält das Mädchen an Thee, Kaffee, Käse, Butter und Zucker ein bestimmtes Quantum, und zwar wird ihm das durch den Lieferanten des Hauses jede Woche zugestellt, damit es nicht zu fürchten braucht, es könne übervorteilt werden.

Die Hausfrau verschließt alles, selbst kleine Reste vom Mittagstisch. Mittags nur erhält das Mädchen Fleisch, dann aber sehr reichlich, dazu viel Gemüse, Kartoffel und ausgiebig geschmolzene Butter dazu. Für erstes, zweites Frühstück und Abendessen hat es sich mit dem zu begnügen, was es an Butter, Käse etc. erhalten hat. Ich wiederhole, daß ich nur vom Mittelstand spreche. Es ist so allgemein angenommen, daß die Mädchen naschen und unehrlich sind, daß alles, bis auf das Kleinste abgeschlossen wird. Ich sah in vielen Haushaltungen, daß nicht nur die besseren Zimmer, sondern oft auch die Wohnzimmer hinter Schloß und Riegel kommen, wenn die Hausfrau ausgeht.

Zu den beiden Frühstücken darf sich das Mädchen je eine halbe Stunde Zeit nehmen, zum Mittagessen eine Stunde. Wehe dem, der sich erkühnt, diese Zeit durch einen Auftrag oder Befehl zu kürzen. Wie oft hörte ich bei irgend einem Vorkommnis, daß die Hausfrau die Bemerkung machte: „Die Mädchen frühstücken, ich darf sie nicht stören!“ und lieber die unbequeme Arbeit selbst verrichtete. – Bin ich auch wohl der Ansicht, daß den Mädchen eine ruhige Essenszeit gegönnt werden sollte, so giebt es doch Ausnahmen, zumal da, wo Kinder sind.

Das holländische Mädchen ist gutmütig, liebt Kinder und Tiere und ist immer bereit, die selben zu pflegen und namentlich damit zu spielen; im allgemeinen aber ist es ungebildet, namentlich roh und sehr laut. Unmöglich z. B. ist es, ihm das laute Singen in der Küche und bei der Arbeit abzugewöhnen. Da der Schulbesuch in Holland nicht obligatorisch ist, so können ältere Mädchen fast nie, die jungen sogar sehr selten schreiben und Schriftliches lesen.
 

Neues zu lernen, liebt es nicht, es ist fast eine Unmöglichkeit, ihm etwas, was es nicht von Jugend auf gewöhnt ist und kennt, beizubringen. Nach nicht holländischer Weise zu kochen, verweigert es ganz bestimmt, noch entschiedener aber isst es solche Dinge nicht. Da, wo die Hausfrau es durchsetzen will, ist ein beständiger Dienstbotenwechsel, oder sie muß für das Mädchen holländische Küche führen. Mir kam es nicht ein-, sondern mehrere Male vor, daß ein Mädchen bereits nach dem dritten Tage ihres Eintritts einfach davon lief, oder mir erklärte, nicht bleiben zu wollen, da ihm das Essen nicht gefiele, es sei anders gekocht, als es gewöhnt sei. Dasselbe gilt auch bei der übrigen Arbeit. Es findet das, was es kann, gut, und verschließt die Augen  und Verstand gegen jede, auch die beste Neuerung.

Daß es dagegen manches wirklich besser versteht, erkannte ich sehr gut, und ich habe Vielerlei dort gelernt und in der Heimat mit Erfolg eingeführt.

Unverdrossen ist das holländische Mädchen auch bei sich häufender Arbeit. Nie wird es klagen, wenn es bis zwölf, ein Uhr aufbleiben muß. Es ist nicht Sitte, daß die Mädchen vor der Herrschaft zu Bette gehen und da in den Städten die Geschäfte erst gegen elf Uhr schließen, so bleiben diese auch länger auf, als bei uns. Ebenso unverdrossen läuft es am Morgen oft zehn, zwölf mal, auch noch öfter, die Treppen herunter und herauf. Da alles ans Haus gebracht wird, jeder Lieferant aber an der Thür stehen bleibt, um die Treppenteppiche nicht zu beschmutzen, so muß das Mädchen oft von der zweiten Etage, wo gewöhnlich die Schlafzimmer sind, herablaufen: kaum hat es den einen abgefertigt, so klingelt es wieder und es muß abermals die Treppe herabfliegen.

Der Haushalt beginnt dagegen nicht so früh wie bei uns, und selten oder nie steht ein Mädchen auf, ohne geweckt zu werden. Dazu giebt es besondere Wecker: Leute, die sich dafür bezahlen lassen, daß sie zu bestimmter Stunde des Morgens die Hausklingel ziehen und dadurch die Familie, resp. Das Mädchen wecken.  Diese Leute gehen von Haus zu Haus, ziehen die Klingel und werden monatlich dafür bezahlt.

Ich glaube, alle Hausfrauen, welche so viel über ihre Dienstboten klagen, über gesteigerte Ansprüche jammern, würden mit den Wünschen unserer Mädchen mehr Nachsicht haben , wenn sie einmal eine zeitlang die Schattenseiten der holländischen Dienstboten kennen lernen könnten.

 

     
     
So war das, damals in Holland...    

 


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