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Bälle, Feste und höfische Vergnügen

Unten im Saal findet im Laufe des Abends ein Kaiserumzug statt, die anwesende Damenwelt scheut dann kein Gedränge und keine Mühe, um den Hof aus der Nähe sehen zu können. Herr von Hülsen, der General-Indendant, schreitet dem Kaiserpaar voran, daß Platz gemacht werde und die Menge sich wie das rote Meer teile. Dann reicht er (eine imponierende, männliche Erscheinung, sagt der Bazar) der Palastdame, Gräfin von Hacke, die Hand, um mit ihr die Polonaise zu eröffnen.

"Unter dem Thronhimmel, zu dem die Purpurdraperien der großen Hofloge geworden sind, stand Kaiser Wilhelm einen Augenblick am Arme seiner jugendlich reizenden Schwiegertochter wie ein herrlich lebendes Bild anzuschauen, dann schritt der hochgewachsene, stattliche Heldengreis heiter lächelnd unter den Klängen des Festmarsches von Spontini die breiten Stufen in den Saal hinab, huldvoll nach allen Seiten grüßend und sichtlich erfreut, wenn aus dem Gewoge ein bekanntes Gesicht auftauchte."

(An dieser Stelle - dem großen Gewoge der tanzenden Massen - paßt gut hinein, daß im Bazar an anderer Stelle ausdrücklich darauf hingewiesen wurde, daß keine mit Arsenikgrün gefärbten Ballkleider aus Tarlatan getragen werden sollten, diese seien weitaus gefährlicher als jede mit Arsnikgrün gefärbte Tapete, weil die Farbe auf den gazeartigen Stoff nur aufgestäubt wurde und beim Tanzen quasi jeden Anwesenden im Saal überpuderte...)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Kaiserin Augusta trug ein Schleppkleid aus weißer Seide mit eingewirkten Goldblättern, dazu einen Überwurf aus goldgelbem Atlas mit Agraffen von sehr großen, echten Perlen aufgenommen. Ein Halsband und ein Diadem aus Perlen und Brillanten.

Die Kronprinzessin trug gemäß der neuen Mode einen schwarzen Überwurf auf weißem Stoff, der gesamte Ausschnitt ist mit dichten Reihen von Diamanten besetzt.

Prinzessin Karl erschien in einer ganz neumodischen Farbzusammenstellung, sie trug ein Schleppkleid aus lachsfarbenem Atlas und einen Überwurf von blaßblauer Seide, dazu Brillanten und Topase.

Die Herzogin von Mecklenburg hatte die kleidsame kirschrote Farbe zu weißem Moire gewählt, dazu Korallen und Diamanten im Haar und um den Hals.

Nach den sehr wichtigen Persönlichkeiten kommen die nur noch wichtigen, in der Folge die weniger wichtigen, die aber deshalb nicht minder interessant sind. Der hühnenhafte Niemann findet mit seiner blondgelockten Gattin ebensoviel Beachtung wie Frau Lucca, die wachsbleich, umkränzt von dunklen Flechten aus ihrer Loge kostverächterlich in die Menge schaute. Sehen und gesehen werden gilt für den stattlichen Polizeipräsidenten von Wurmb, den schönen Grafen Lehndorf, die Schwestern David, Major von Korff und allen anderen damaligen Bekanntheiten.

Zwischen den mannigfaltigen Gruppen bewegt sich der Kronprinz, nur von Adjutant Major Mischke begleitet, durch die Gesellschaft und knüpft Gespräche an. Sogar der Kaiser geht ab  und an in den Saal und spricht mit denen, die ihm als erstes vor die Füße tanzen, nach Rang und Namen wird nicht geschaut.

Ein Ballfest, welches der Kronprinz selbst gab, zeichnete sich besonders dadurch aus, daß auch viele Gelehrte und Künstler eingeladen waren, welche "freilich nicht tanzten".

Statt dessen führten der Kronprinz und die Kaiserin mit ihnen lebhafte Gespräche, namentlich mit den Herren Virchow, von Holtzendorf und von Rönne. Das Fest fand im Schlosse statt, da das Kronprinzenpalais zu klein wurde, seit der Kronprinz die Elite des Landes nach Berlin rief.

Es bleibt  noch zu erwähnen, daß die Kaiserin bei dieser Gelegenheit lila Atlasseide mit einem Überwurf aus feiner Spitze, hochgerafft mit Fliederblüten, trug. Die Kronprinzessin erschien in silbergrauem Atlas mit goldenen Einfassungen.

 

Nur wenige Tage später fand der Schloßball statt, zu dem 1600 Personen geladen waren und dennoch warm gespeist wurde.

Eines der interessantesten Hoffeste fand zum Geburtstag der Prinzessin Karl statt; es wurden neun lebende Bilder gestellt unter der Leitung des General-Intendanten von Hülfen.

Zu sehen gab es eine Gondelszenerie, eine Sennerszene - gar lieblich wurde das Alpenglühen zur Dekoration gemalt, dazwischen stand die "Sennerin" Comtesse Alice Perponcher zwischen ihren Kühen und hielt ein Pläuschchen mit dem "Gamsjäger" Herrn von Wurmb. Der Berichterstatter vergaß nicht zu erwähnen, daß "erstere.. mehr Ideal als Wirklichkeit war, denn so reizende Sennerinnen mit solche Händen und Füßchen würde man alle Berge auf und ab vergeblich suchen".

Noch im Vorjahr veranstaltete die Kaiserin gerne kleine Teezirkel, diese entfallen bei der Menge der Wintervergnügungen im Jahre 1872 fast gänzlich. Aber "wenn am hohen Fenster nach dem Opernplatz hin um 10 Uhr das magische weiße Licht durch die roten Damastvorhänge schimmert und die Gestalt des Marmorengels verklärt, welche dort steht, kann man indes vermuten, daß um den Teetisch im kleinen Saal sich eine geistige Tafelrunde versammelt hat."

Geladen wurde des öfteren übrigens von der Haushofmeisterin Gräfin Schulenburg, da verwitwete oder unverheiratete Damen niederen Ranges nicht bei Hofe erscheinen durften und die Kaiserin somit nur in den Kontakt mit interessanten Personen dieses Kreises kommen konnte, wenn sie sich selbst zum Gast machte.

Ja, so war es bei Kaisers damals...

 

Wie war er denn nun, so ein großer Ball im 19. Jahrhundert....

 

Im März 1872 berichtet "Der Bazar" ausführlich über den Subscriptionsball im Opernhaus unter den Linden in Berlin.

Das ganze Haus ist geschmückt mit Blumengruppen, Fontänen und Spiegelwänden, bis in die höchsten Logen hinauf tragen die Damen Ballkleider und haben große Blumenbouquets.

 

Es folgen Kaiserin Augusta mit Prinz Arthur von England in einer einfachen, ganz schwarzen Uniform der Riflemen. Danach Prinzessin Karl an der Hand des kaiserlichen Kronprinzen, Prinz Karl und Herzogin Alexandrine von Mecklenburg und danach alle übrigen Prinzen und Fürstlichkeiten mit Damen aus der Hofgesellschaft.

"Wenn der Hof wieder in der Loge Platz genommen hat, beginnen die beiden Orchester abwechselnd zu spielen, und "das Herz walzt einem in der Brust, wie einst der arme, nie tanzende Börne sagte, bei den köstlichen Walzermelodien! Man versucht denn auch, trotz dem Gedränge zu tanzen, anfangs freilich ist der Raum dazu nicht größer als ein Präsentierteller, aber allmählich entstehen in den Menschenwogen kleine Inselchen, wo man die Freuden des Tanzes genießen kann. Es wird sogar Platz gewonnen für einen "Contretanz der Eliten", in welchem die anwesenden jüngeren Fürstlichkeiten mittanzen, und das ist dann auch der Augenblick, der eine Betrachtung und Bewunderung der Toiletten zuläßt."

 

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